Als Geschäftsführer Haftungsfallen vermeiden

Als Geschäftsführer Haftungsfallen vermeiden

Als Geschäftsführer Haftungsfallen vermeiden

Gerade wer als Existenzgründer oder Unternehmensnachfolger frisch im Geschäft ist, sollte sich mit Haftungsrisiken beschäftigen. In Kapitalgesellschaften ist die Haftung für die Gesellschafter stark begrenzt. GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände hingegen gehen im operativen Geschäft permanent Haftungsrisiken ein. Das Risiko, für unternehmerisches Fehlverhalten auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, hat sich jedoch in den letzten Jahren erhöht. Es häufen sich nicht nur bei großen, börsengelisteten Unternehmen, sondern auch bei klein- und mittelständischen Gesellschaften Haftungsprozesse gegen die Geschäftsleitung: angestrengt durch die Gesellschaft selbst, den Insolvenzverwalter, die Gesellschafter, Geschäftspartner, Banken…

Durch wohl überlegte präventive Maßnahmen lassen sich Haftungsrisiken der Geschäftsführung reduzieren. Der Instrumentenkasten sieht dabei wie folgt aus:
Summenmäßige Haftungsbegrenzung

Da sich der Haftungsmaßstab bei der Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbH - teilweise - beschränken lässt, kann die Geschäftsleiterhaftung gegenüber der Gesellschaft durch Vertrag in der Art begrenzt werden, dass der Geschäftsführer für einen verursachten Schaden nur bis zu einer gewissen Summe haftet. Dabei ist zu beachten, dass sich der Bereich des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit nicht im Wege der summenmäßigen Haftungsbeschränkung reduzieren lässt. Eine summenmäßige Haftungsbegrenzung durch Vertrag für den Bereich der leichten Fahrlässigkeit sollte vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung aber möglich sein.

Vertraglich reduzierter Haftungsmaßstab
Der Geschäftsführer unterliegt gemäß § 43 Abs. 2 GmbH der Haftung gegenüber der Gesellschaft für jeden entstandenen Schaden, wenn er pflichtwidrig handelte. Dabei werden die Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer im Fall der Insolvenz der Gesellschaft regelmäßig durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht. Eine Variante der effektiven Haftungsbegrenzung zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer wäre eine vertragliche Beschränkung der Haftung dahingehend, dass der Geschäftsführer generell und unabhängig von einer summenmäßigen Grenze nicht für leichte Fahrlässigkeit haftet. Eine solche Haftungsbeschränkung ließe sich durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag insbesondere bei Pflichten, die nicht primär dem Gläubigerschutz dienen, vereinbaren.

Kein Fall der Arbeitnehmerhaftung beim Fremdgeschäftsführer
Es gilt der Grundsatz, dass der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber in bestimmten Fällen nach dem so genannten Grundsatz der betrieblich veranlassten Tätigkeit reduziert haftet (zum Beispiel kann die Haftung für leichte Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers komplett ausgeschlossen sein). Der Fremdgeschäftsführer, der im Einzelfall eine arbeitnehmerähnliche Stellung haben kann, könnte sich daher im Rahmen des Schadensersatzprozesses vor Gericht auf den Standpunkt stellen, dass zu seinen Gunsten die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung (innerbetrieblicher Schadensausgleich) gelte. Diese Haftungsmilderung wird jedoch für Geschäftsführer und leitende Angestellte von der herrschenden Meinung abgelehnt. Begründet wird die ablehnende Haltung damit, dass der Fremdgeschäftsführer immer die Pflicht zur umfassenden Unternehmensführung verpflichtet habe und somit immer Arbeitgeberfunktion ausübe.

Beachtung der Auszahlungssperre
Bei der Verteilung des Gewinns an die GmbH-Gesellschafter bzw. des unterjährigen Vorabgewinns ist der Geschäftsführer gehalten, die gesetzlich verankerte Kapitalerhaltung zu beachten. So darf der Geschäftsführer den Gesellschaftern z. B. nicht das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft (§ 30 GmbHG) auskehren (sogenannte Auszahlungssperre). Ansonsten droht dem Geschäftsführer eine Haftung nach § 31 Abs. 6 GmbHG. Es kann sogar eine strafrechtliche Verfolgung wegen des Vorwurfs der Untreue in der GmbH folgen.

Haftungsbegrenzung durch Ressortaufteilung und Aufgabendelegation
Besteht die Geschäftsleitung einer GmbH aus mehreren Geschäftsführern, so gilt der Grundsatz der Gesamtverantwortung. Mit dieser Gesamtverantwortung sind weit reichende Haftungsfolgen für den einzelnen Geschäftsführer verbunden, da jeder Geschäftsführer für fremdes Handeln verantwortlich gemacht werden könnte. Diese Haftungsgefahren könnten durch eine Ressortaufteilung (Verantwortungsbereiche werden zwischen den Geschäftsführern aufgeteilt) bzw. eine Aufgabendelegation (Teilkompetenzen der Geschäftsführer werden auf leitende Angestellte übertragen) reduziert werden. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die Ressortaufteilung und die Aufgabendelegation nicht uneingeschränkt zulässig sind und man zudem beachten muss, inwieweit sie im Innenverhältnis, also eine Haftung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern, vermeiden oder sogar im Außenverhältnis gegenüber Dritten wirken.

Entlastungsbeschluss zugunsten des Geschäftsführers
Mit einer durch die GmbH-Gesellschafter in einer Gesellschafterversammlung beschlossenen Entlastung des Geschäftsführers reduziert dieser sein Haftungsrisiko im Innenverhältnis (nicht im Außenverhältnis!). Der Geschäftsführer sollte jährlich auf seine Entlastung bestehen. Durch eine solche beschlossene „Freizeichnung“ kann die Gefahr von Schadensersatzansprüchen eingeschränkt werden, wenn der Entlastungsbeschluss auf einer ausreichenden Informationsbasis beruht. Mit anderen Worten: die Haftungsgefahr ist nur hinsichtlich solcher Handlungen gebannt, von denen die Gesellschafter auch Kenntnis hatten. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal etwas „hochkommen“, steht der Geschäftsführer voll in der Haftung. Ein voller Haftungssauschluss, auch hinsichtlich den Gesellschaftern noch unbekannter Haftungsfälle ist nur durch die Vereinbarung einer Generalquittung möglich.

Zustimmungspflichtige Geschäfte
Oftmals sind im Gesellschaftsvertrag und/oder im Geschäftsführerdienstvertrag sog. zustimmungspflichtige Geschäfte geregelt. Darin wird für bestimmte Geschäfte eine Zustimmung der Gesellschafter verlangt. Der Geschäftsführer riskiert eine außerordentliche Kündigung und kann sich sogar gegenüber der GmbH haftbar machen, wenn er gegen die vertraglichen Zustimmungsvorbehalte verstößt. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Geschäftsführer im Eilfall Geschäfte abschließt, ohne vorher die Zustimmung der Gesellschafter einzuholen.

Gesellschafterzustimmung bei Risikogeschäften
Die Einholung einer Zustimmung kann aus haftungsvermeidenden Gründen aber auch ohne vertragliche Regelung in Gesellschafts- und/oder Geschäftsführerdienstvertrag allein aufgrund der Gesetzeslage opportun sein: Stehen riskante Geschäftsführungsmaßnahmen an, so sollte der Geschäftsführer alle Gesellschafter über alle Risiken unterrichten und die ihre Zustimmung durch förmlichen Gesellschafterbeschluss einfordern. Ein solcher Gesellschafterbeschluss vermindert die Haftungsgefahren.

Verfallklauseln mit haftungsbegrenzender Wirkung
Manchmal hilft auch die Zeit: Der BGH hält im Grundsatz und unter Berücksichtigung von Kapitalerhaltungsschutz-Gedanken eine Verkürzung der Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen Geschäftsführer für möglich. So ließe sich die Verjährungsfrist - zum Beispiel die 5-jährige Verjährung des Schadensersatzanspruches nach § 43 Abs. 2 GmbH - wirksam vertraglich verkürzen.

D&O-Versicherung
Für den Fall, dass alle vertraglichen Krücken nicht helfen, kann die Gesellschaft für Ihren Geschäftsführer ergänzend eine Versicherung zur Vorsorge gegen Haftungsgefahren abschließen: die so genannte Directors-and-Officers-Police oder D&O-Versicherung. Ob ein solcher präventiver Schutz vor Haftungsgefahren im Einzelfall Sinn macht, kann nur anhand einer detaillierten Analyse entschieden werden: In jedem Fall sollten die Gesellschaft und der Geschäftsführer mit der Versicherung im Detail aushandeln, worauf genau sich der Rechtsschutz bezieht, wie hoch der bemessene Höchstbetrag ist, ob der Versicherungsschutz auch bei grober Fahrlässigkeit und bei strafrechtlichen Ermittlungen besteht, welche konkreten Beschränkungen bestehen, etc...
Haftungsprivilegierung bei ehrenamtlichen Geschäftsführern

Eine relativ neue Überlegung entstammt dem Vereinsrecht. Seit Ende 2009 gilt für den unentgeltlich tätigen Vorstand eines Vereins eine Haftungsmilderung (§ 31a BGB): Der Vereinsvorstand haftet nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. In der Rechtsliteratur wird nunmehr diskutiert, ob die Haftungsmilderung auch für den ehrenamtlichen GmbH-Geschäftsführer gilt. Im Ergebnis wird man wohl eine Haftung auch bei leichter Fahrlässigkeit beim ehrenamtlichen Geschäftsführer annehmen müssen. Allein die Unentgeltlichkeit kann bei Geschäftsführern keine gesetzliche Haftungsmilderung begründen, da gerade in Konzernen ein herrschender Gesellschafter bei seinen Tochtergesellschaften oftmals unentgeltlich als Geschäftsführer tätig ist.

 

Aktuelle Veröffentlichungen


  • 24.04.2019 | „Arbeitsvertrag versus Betriebsvereinbarung"
  • 11.04.2018 | „Der interne Datenschutzbeauftragte“
  • 09.06.2017 | „Mindestlohn in der aktuellen Diskussion"
  • 08.06.2016 | „Der Geschäftsführer als Arbeitnehmer“
  • 16.09.2015 | „Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Arbeitsrecht“

Weitere Veröffentlichungen


  • 14.05.2018 | „Das neue Datenschutzrecht“
    Vortrag Kreishandwerkerschaft Schaumburg (Frühjahrs-Innungsversammlung Sanitär- und Heizungstechnik Schaumburg)
  • 04.09.2018 | „Datenschutz 2018 – Auswirkungen im Bereich sozialer Arbeit“
    Vortrag Gesellschaft für angewandte Sozialpädagogik und Therapie mbH
  • 01.12.2007 | „Marathon im Arbeitsrecht“
    Vortrag Rechtsanwaltskammer Celle mit Dr. Heinrich Kiel (Vorsitzender Richter des 9. Senats am Bundesarbeitsgericht) und Wilhelm Mestwerdt (Präsident des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen)